Viele Kunstinteressierte waren der Einladung des Kunstvereins gefolgt und erschienen am Abend des 08.03.2024 zur Vernissage der Ausstellung „Ausmaß der Benetzung – Neue Arbeiten“ von Bettina van Haaren.
Zu Beginn begrüßte der Vorsitzende des Kunstvereins, Norbert Boden die anwesenden Gäste. Dann stellte er ihnen Bettina van Haaren vor und gab einen kurzen Abriss über ihren künstlerischen Werdegang und ihr Renommée in der Kunstszene in Europa und weltweit.
Er leitete anschließend über in ein Gespräch zu der jetzt in Markt9 gezeigten Ausstellung und fragte die Künstlerin, was es mit dem Begriff „Benetzung“ auf sich habe. Er meinte, dass er beim ersten Betrachten der Bilder eher ordinäre Assoziationen gehabt hätte. Zitat: „Ich bin auch von vielen Sachen auf dieser Welt angepisst.“
Van Haaren ging darauf ein, dass sich dies durchaus in ein paar der Bilder erkennen lasse, dass dies aber nicht ihr hauptsächlicher Fokus sei. Sie wolle in ihren Arbeiten zum Beispiel auf spielerische, performative Art ergründen, wie es sei, zwischen den Geschlechtern zu stehen. Andererseits ginge es ihr auch darum, Trauer darzustellen und die Durchlässigkeit für Gefühle. Benetzung, das Ausscheiden von Flüssigkeiten sei etwas, was wir regelmäßig täten, zum Beispiel auch, wenn wir weinten. Es ginge darum, in das, was wir an Eindrücken aufnähmen, eine Ordnung zu bringen, dabei aber nicht ins Absolute zu gehen, sondern Ambiguität und Vieldeutigkeit auszuhalten. Man könne daher in den Bildern verschiedene Aspekte entdecken: Aggression, Trauer, Witz und Schmerz. Die Künstlerin führte weiter aus, dass sie in allen Werken eine Ordnung anstrebe.
Norbert Boden stellte nach diesen Erläuterungen der Künstlerin die Frage nach der Wirkung und beabsichtigten Ausdrucksweise der filigranenZeichnungen, die in dem großen weißen Raum von Markt9 auf weißen Leinwänden zu sehen seien. Sie schilderte, dass sie sich seit jeher mit der Linie beschäftige, und die sei in den Ausstellungsräumlichkeiten in allen Facetten da, und gleichzeitig mit der Linie der Leerraum. Was sie fasziniere, sei die Form des Rechtecks und die Illusion von Raum im Kopf. Man könne ihre Ausstellung nicht schnell begreifen. Es könne für die Betrachter keine Entscheidung innerhalb von Sekunden fallen. Sie setze darauf, dass ihre Werke langsam abgewandert würden. Sie seien die Essenz ihrer Arbeit und würden erkennen lassen, dass sie viel Zeit mit dem Prozess des Erstellens verbracht hätte.
Woran sie arbeite, sei das Wegnehmen, das heißt sich die Möglichkeit zuschaffen, etwas wieder wegnehmen zu können. Sie verglich den Prozess mit dem Schaffen einer Skulptur.
Einer der Besucher der Vernissage warf ein, für ihn wirkten die Bilder musikalisch. Dies griff die Künstlerin begeistert auf mit den Worten „Rhythmus ist mir alles.“ In der Ordnung, die sie in ihren Bildern erzeuge, die nicht inhaltlicher, sondern formaler Art sei, stelle sich immer die Frage: Was für ein Rhythmus entsteht? Brauche ich noch mehr Spannung? Wieviel Abrundung braucht es?
Nach diesem Exkurs kam Norbert Boden auf die verwobene Darstellung von menschlichen Körpern, Tierzeichnungen und skulpturalen Formen in den Bildern der Künstlerin zu sprechen. Nach dem Hintergrund befragt, erklärte Bettina van Haaren, dass sie aus ganz praktischen Gründen ihr bestes Modell sei, weil sie eine Darstellung vor Augen brauche. Es sei wie das fiktive Ich eines Schriftstellers. Sie probiere sich in verschiedenen Rollen aus. Sie verbinde sich mit den Dingen, die sie in ihren Bildern darstelle, seien es Tiere oder Gegenstände.
Zum Abschluss des Gesprächs fasste Norbert Boden die Aussagen und Intention der Künstlerin noch einmal zusammen und ermunterte die Besucher, sich die Werke in Ruhe zu Gemüte zu führen.