Die Besucher der Finissage der aktuellen Ausstellung im Kunstverein Linz am Rhein hatten es diesmal nicht leicht: Sie mussten sich einen Weg vorbei an dem Parcour für Laufräder suchen, der im Rahmen des Linzer Kinderfestes auf dem Marktplatz direkt vor Markt9 aufgebaut war. Doch was ein echter Kunstinteressierter ist, der lässt sich von solchen Hindernissen nicht abschrecken. Lockte doch die Aussicht auf vertiefende Erkenntnisse zur Ausstellung des Künstlerduos Dan Dryer durch das angekündigte Künstlergespräch.
Dieses Gespräch wurde von Norbert Boden, dem Vorsitzenden des Kunstvereins, moderiert. Zu Beginn stellte er die Frage, die vermutlich so manchem der Anwesenden insgeheim auch unter den Nägeln brannte: Warum nennt sich das Künstlerduo „Dan Dryer“, genauso wie ein bekannter Hersteller von Handtrocknungsgeräten? Die Antwort war so überraschend wie simpel: Die beiden Künstler Astrid Piethan und Jörg Koslowski hatten bei ihrer allerersten Ausstellung im Jahr 2000 mit eben diesem Unternehmen kooperiert und deren gesamte Produktpalette ausgestellt, jedoch auf ganz eigensinnige Art und Weise. Sie nutzten diese Ausstellung damals für ihre Namensgebung.
In den folgenden Fragen von Norbert Boden ging es um die aktuelle Ausstellung in Linz. So sprach er die beiden an, welches Verständnis von Raum ihrer Arbeit zugrunde liege. Jörg Koslowski führte aus, dass es zum einen klar definierte äußere Räume, aber auch Empfindungsräume gebe. Beides könne sehr komplex sein. Astrid Piethan und er würden viel mit der Transformation von Räumen arbeiten.
Als nächstes sprach Boden die beiden auf die Konzeption der Ausstellung an. Piethan ging zunächst darauf ein, dass sie sich zu Beginn den tatsächlichen Raum von Markt9 angeschaut und die architektonischen Gegebenheiten und Herausforderungen sondiert hätten. Weiter
erläuterte sie, dass sie erstmalig mit dem Werkstoff Aluminium gearbeitet und sich über Monate hinweg mit dessen Materialeigenschaften auseinandergesetzt hätten. In einem nächsten Schritt hatten sie als Gegenpol etwas einbringen wollen, das zum einen Kraftausübung, zum anderen Fragilität ausdrücken sollte.
Im Weiteren lenkte Norbert Boden den Fokus auf den Titel der Ausstellung „surplus“ = Überschuss. Hier brachte Jörg Koslowski einen interessanten Aspekt zur Sprache: Man könne ja Kunst an sich als „überschüssig“ beschreiben, da sie kein essenzieller Zweck des menschlichen Lebens sei. Auf die konkrete Ausstellung bezogen führte er an, dass dort eine große Menge an Materialien verarbeitet worden sei, so dass man sich fragen könne: „Wo ist der Sinn, so viele Industriematerialien in einem Raum zusammenzubringen?“
Anhand dieser Aussagen band Norbert Boden die Besucher der Finissage ein und stellte eine Frage, die er der Einführung der Kunsthistorikerin Jari Ortwig während der Vernissage entnahm, nämlich, ob sich der Mensch durch sein Streben nach Fortschritt in eine Welt manövriert habe, in der er selbst kaum noch vorkommen könne. Die Frage erzeugte nach kurzem ratlosem Zögern eine rege Beteiligung seitens einiger Gäste. Sie stellten in der Folge selbst Fragen an das Künstlerduo zum besseren Verständnis des Herstellungsprozesses der diversen Objekte der Ausstellung.
Zum Abschluss des Künstlergesprächs erwähnte Norbert Boden die Besonderheit der Namen der einzelnen Skulpturen, die allesamt der griechischen Mythologie entstammten. Es seien durchweg Namen der Pleiaden, der Töchter des Atlas. Er befragte die beiden Künstler zum Hintergrund dieser Namensgebung. Die beiden führten aus, dass die Verbindung in den Wandlungsprozessen zu sehen sei und in dem Gegensatz von suggerierter Freiheit des Vogelflugs einerseits und dem Eingespanntsein und somit Gefangensein des Materials andererseits.
Norbert Boden bedankte sich anschließend bei den Künstlern und lud die Besucher ein, den beiden nun im persönlichen Gespräch weitere Fragen zu stellen. Diese Gelegenheit wurde rege genutzt.
Fotos von Ines Langs